Donnerstag, 1. Juli 2010

Priority Seats


Ha! Ich habe endlich, nach meinen ausschließlich positiven Berichten und meinen ja fast Liebeserklärungen an Tokyo, einen Negativpunkt gefunden. Kaum zu glauben! ;-)
Ich fand es von Anfang an sehr beeindruckend und sehr großzügig in öffentlichen Verkehrsmitteln extra Sitzplätze für Personen mit Handicaps einzurichten. Diese Plätze gibt es in jedem Bus und in jedem U-Bahnwagen und sie sind ganz groß und eindeutig gekennzeichnet. Sie gelten für ältere Menschen, Verletzte, Schwangere und Mütter mit kleinen Kindern - unschwer an den Bildchen zu erkennen.


ABER! Zwar ist der Japaner an sich sehr höflich und zuvorkommend, das zählt aber nur, wenn die Hirachie klar ist und man sich wenigstens flüchtig kennt. Bei fremden Personen gilt diese Regel erst, wenn man wenigstens Blickkontakt aufgenommen hat. Und da gibt es jede Menge Möglichkeiten, das zu umgehen und der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt! Ich erlebe das grad sehr intensiv, da ich mich mit fortschreitender Schwangerschaft über jede Möglichkeit zum Sitzen dankbar zeige und volle Busse und Bahnen stehenderweise eher anstrengend sind. Nun kann man ja nicht grad sagen, dass ich eine sehr unauffällige Schwangere bin. Erstens bin ich Ausländerin und schon auf den ersten Blick nicht zu übersehen, zweitens ist die Größe meines Bauches, mittlerweile im 7. Monat, für japanische Verhältnisse eher ungewöhnlich (die japanischen Damen sehen so kurz vor der Entbindung aus ;-)) und drittens habe ich mir natürlich extra für mein Handtäschchen einen Anhänger bei der Bahn besorgt, der mich sogar offiziell als Schwangere, Priority-Seat-Berechtigte ausweist. (Es fehlt eigentlich also nur nur die rote Rundumleuchte auf dem Kopf...)

Das heißt aber nicht, dass jemand seinen Sitzplatz freiwillig für mich aufgibt, nicht mal den, der mir eigentlich zusteht. In den ganzen 7 Monaten hatte ich einmal Glück, dass mir eine ältere! Dame ihren Platz überlassen hat. Ansonsten wird sich schlafend gestellt, das Buch oder wahlweise Manga hochkonzentriert vor das Gesicht gehalten, das Handy benutzt oder einfach nur Musik gehört und krampfhaft an mir vorbeigeschaut, als ob ich gar nicht existieren würde.

so sieht das dann aus (Quelle: The Japanese Times)

Ich habe auch schon versucht mich demonstrativ im Profil davor zu stellen, eigentlich sehr aussagekräftig, aber keine Reaktion! Bis jetzt habe ich noch niemanden direkt angesprochen aber ich werde mal einen Versuch starten - ich habe nämlich gehört, dass das den Japanern total peinlich sein soll, wenn sie direkt darauf hingewiesen werden und das noch von einer Ausländerin und vor allen Leuten. So, sie haben es ja nicht anders gewollt…. (Japanerinnen würden das übrigens auch nie machen - hier wird schließlich still gelitten.)

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