Donnerstag, 13. Mai 2010

Führerscheinverlängerungsschnitzeljagd



Um in Japan seinen Führerschein behalten zu dürfen, muss man sich nicht nur Nichts zu Schulden kommen lassen, nein, man muss auch aller drei Jahre zur Führerscheinstelle und einen „Führerscheinverlängerungsparcours“ absolvieren. Da ich ja nicht für alle Ewigkeit hier in Japan weile, finde ich das eher amüsant aber für die Japaner ist das eine echt lästige Angelegenheit, aller paar Jahre dort zu erscheinen.

Letzte Woche war es bei uns soweit, wir haben uns auf den Weg gemacht, um diesen, immer gleich ablaufenden, Staffellauf zu absolvieren. Ich muss zugeben, ich habe mich ein bisschen darauf gefreut, da es sich ein wenig anfühlt, wie früher als Kind bei einer Schnitzeljagd. Man durchläuft nacheinander verschiedene Stationen und muss alle Aufgaben bewältigen, um den ersehnten Führerschein am Ende auch ausgehändigt zu bekommen.

Wie immer in Japan, ist alles perfekt durchorganisiert und der Parcours beinhaltet mehrere Stationen, die über 2 Etagen des Gebäudes verteilt sind. Sogar auf den Fußböden sind Pfeile und Farbwegweiser aufgemalt, damit man nicht vom Wege abkommt.

Station 0: Der Infoschalter am Eingang, da meldet man sich als Erstes an, bekommt einen Laufzettel und wird zur ersten Station geschickt…

Station 1: Führerschein und Ausweis zeigen und man bekommt das Antragsformular, in das man Name, Adresse und Telefonnummer eintragen muss…

Station 2: Auf zur Kasse, erstmal Zahlen, ist ja nicht umsonst das Ganze…


Station 3: Sehtest. Wir haben Glück, es ist nicht voll Heute und es gibt nur zwei Reihen an denen man sich anstellen kann. Am Ende dieser Schlange steht ein Gerät, und ein netter Herr bittet mich, hineinzusehen und zu sagen, in welche Richtung der darin sichtbare Kreis geöffnet ist. Also, Brille aufgesetzt, hidari, migi, ue, migi, shita, hidari gesagt und schon bekomm ich meinen Stempel und weiter geht’s zur nächsten Station und der Nächste in der Reihe ist dran. Der stand übrigens direkt hinter mir und das ganze läuft wie am Fliessband. Schauen, Ansagen, Stempel, der Nächste bitte.

Station 4: Wir kommen zu einem Raum, in dem neue Fotos für den Ausweis gemacht werden. Noch schnell einen Blick in den Spiegel geworfen, Haare zurecht gezupft und schon sitz ich auf einem kleinen Drehhocker und es geht auch schon los. Bitte geradeaus Schauen, Klick, Fertig, der Nächste bitte…

Station 5: Ich hatte mich schon gefreut, dass wir es gleich geschafft haben werden, da ich von Bekannten gehört hatte, es gibt nur ein kleines Videofilmchen, welches man sich anschauen muss, um sich die Verkehrsregeln in Erinnerung zu rufen und dann ist man auch schon erlöst, aber weit gefehlt. Die ganze 2. Etage war voller Klassenräume, vor denen schon andere Führerscheinverlängerungsanwärter auf ihre Berieselung warteten. Man musste sich zu Beginn am etageeigenen Terminvergabeschalter einen Termin für seinen Unterricht geben lassen. Mist! Eine Dreiviertelstunde Zeit. Also, erstmal in der Kantine was Essen gehen. Die Stärkung war auch dringend nötig, wie wir kurz danach feststellen mussten.

Da wir erst kurz vor Unterrichtsbeginn eingetrudelt waren, waren natürlich alle, wahrscheinlich die auch in Japan begehrtesten, hinteren Plätze besetzt. Da blieb mir also nur noch die erste Reihe, Mitte natürlich. Der Ausbilder kam und einer von den wenigen Sätzen, die ich in den nächsten beiden Stunden verstehen sollte - ja zwei Stunden! komplett in Japanisch! - war das kleine Späßchen des Ausbilders, nachdem er uns als Ausländer identifiziert hatte, dass er da ja heute seinen Unterricht in Englisch machen sollte, ha, ha, tönt´s und legte los…. Den ersten Schock bekam ich, als er den Zeitplan für seinen Unterricht auf den Projektor legte - 2 Stunden, einschl. 10 Minuten Pause. Toll!


Es gab jede Menge Unterrichtsmaterial, von dem dann der Stoff einiger Seiten akribisch durchgenommen wurde. Zum Glück habe ich wenigstens immer die richtigen Seitennummern verstehen und aufschlagen können und dann versucht, ganz interessiert zuzuhören und mir die bunten Bildchen im Heftchen angeschaut. Nach Erklärung des Aufbaus des Führerscheins (alle Daten wurden detailliert erklärt) folgten Ermahnungen und Hinweise über das richtige Verhalten im Straßenverkehr und jede Menge eindringlicher Warnungen vor Fehlverhalten, deren Folgen zum Schluss durch blutigen Filmchen mit dramatischer Hintergrundmusik untermauert wurden.


Aber auch diese zwei Stunden waren irgendwann vorbei und danach gab es den ersehnten Stempel - paradoxerweise allein für Anwesenheit und ohne Test.

Gleich darauf konnte man bei Station 6 seinen neuen, druckfrischen, hart erkämpften Führerschein abholen. Geschafft! Das ist er übrigens…
 

1 Kommentar:

  1. Ich finds garnicht mal so schlecht. Würde es hier in Deutschland besonders für Leute ab 40 befürworten, wenn die alle 5 Jahre nen kleinen Test und zwei Stunden Unterricht mit anschließender kleiner Praxisstunde machen müssten, um die Fahrtüchtigkeit fest zu stellen. Ob das japanische Modell aber wirklich nützlich ist, da Anwesenheit alleine ja schon ausreicht, mag ich bezweifeln ^^

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