Dienstag, 26. Mai 2009

Mai 2008

Ich werde immer mal wieder von dem Einen oder Anderen von Euch gefragt, ob ich mich nicht langweile. Hier meine Antwort: NEIN, ich langweile mich auf gar keinen Fall!!! Das ist eigentlich fast unmöglich in Tokyo - es gibt immer genug zu sehen, zu erleben und zu lernen. Wenn Lucy im Kindergarten ist und der arme Alex sich im Büro abmüht, die Rätsel der japanischen Mentalität zu knacken (Storys gibt es da! aber das wäre auch schon wieder eine ganze Mail voll… ;-)), habe ich Zeit, Tokyo zu erkunden, japanisch Kochen zu lernen, Ausflüge mit meiner Japanischgruppe zu machen, mich mit Freunden/Bekannten zu treffen, zu joggen, mich mit der japanischen Sprache zu beschäftigen - ach ja und da wäre ja noch das Haus in Ordnung zu halten, zu putzen, zu kochen, die Wäsche, der Garten, der Einkauf….- hätt ich ja fast vergessen ;-) Also eigentlich ist der Tag auch hier viel zu schnell vorbei.


Auch gehe ich ab und zu nach dem Japanischunterricht mit Yuki (mein Sensei) Essen. So kann ich japanische Spezialitäten kennenlernen und auch mal in Restaurants gehen, die keine Karte mit Bildern haben oder bei denen das Essen in der Auslage ausgestellt ist und ich nur darauf zeigen muss (aus Plastik gemacht und täuschend echt aussehend).

Letztens war ich mit Alex auf dem Gartenfest der Deutschen Botschaft. Ja, leider war es nur ein „Fest“ und keine Party… Ich hatte zwar definitiv das kürzeste Kleid an ;-) aber dafür hab ich wahrscheinlich auch am meisten gefroren, da es am Abend recht frisch war und ein Gartenfest ja, wie der Name schon sagt, im Garten ist. Obwohl Garten reichlich untertrieben ist. Die Residenz des Botschafters ist ziemlich groß und sie ist wie ein japanischer Garten angelegt (mit Brücke, kleinem Bach, Teehäuschen usw.) Auf jeden Fall größer als der im öffentlichen Park von Meguro also für japanische Verhältnisse riesig und sehr repräsentativ! Die Botschaft von Bangladesh hat übrigens gar keinen Garten… Ansonsten war es nicht weiter spannend, es stehen halt alle rum trinken gepflegt Bier oder Wein, stürmen das Buffet, wie woanders auch, und verteilen Visitenkarten und erfreuen sich ihrer Titel (… „ich bin übrigens der Präsident der Firma bla bla bla„). Ein paar Worte mit dem Deutschen Botschafter haben wir auch gewechselt, zwar nicht über "Japan als wichtigen wirtschaftlichen Partner Deutschlands in Asien", sondern nur über das Rahmenprogramm des Gartenfestes aber immerhin… ;-) Ich hatte mir vorher die Internetseite der Botschaft angeschaut, damit ich wenigstens weiß, wie er aussieht und ihm nicht aus Versehen mein leeres Glas in die Hand drücke… man weiß ja nie… ;-)


Jetzt muss ich aber noch kurz über meinen Ausflug in eine der Subkulturen Japans berichten - ich hoffe ihr habt noch soviel Zeit ;-) Ich war im Shibuya O-East (eine Konzerthalle) und habe ein paar richtig gute Bands gesehen ("gut" für meinen Geschmack natürlich...). Die Musik war eine Mischung aus Punk, Gothik, Hardcore und vor allem Metal - also genau meine Richtung. Nennt sich visual kei, obwohl das nicht ganz richtig ist, da der Stil keinen Namen hat, nur der Style der Bands bzw. Fans. Die Bandmitglieder sind ausschließlich Jungs, obwohl das nicht immer eindeutig zu erkennen ist, da sie teilweise sehr feminin aussehen und dazu noch in sehr abenteuerlichen Kostümen auftreten. Alles bunt gemixt: Lack, Leder, kurze Röckchen, lange zerfetzte Barockkleidchen, mega kurze Höschen, obenrum nicht viel, damit man diese wunderbar flachen Bäuche sehen kann (yumi), lange, wild gestylte und gefärbte Haare und auf jeden Fall sehr stark geschminkte Augen - was eine Anlehnung an das japanische Kabukitheater sein soll. Auf jeden Fall war es sehr hübsch anzusehen… ;-) Und gesehen, habe ich soviel wie noch nie auf einem Konzert, da ich ja durchschnittlich mindestens einen halben Kopf größer bin als die Japanerinnen - da nützen auch alle Highheels nichts, ha! Ich bin einfach größer! Ich konnte also stehen, wo ich wollte, ganz vorn, in der Mitte, ganz hinten - ich hatte einen super Blick. Die erste halbe Stunde habe ich wahrscheinlich nur vor mich hin grinsend verbracht, da ich völlig fasziniert den Massen zugeschaut habe (ausschließlich Mädels). Die können synchron headbangen!, da stimmt sogar die Richtung und gehen trotz allem total ab dabei! Außerdem tanzen sie nicht oder nicken mit dem Kopf im Takt, wie unsereiner, sondern „tanzen“ mit den Armen und Händen und machen synchrone Bewegungen, wie beim Aerobic (die Abfolge ist mir noch schleierhaft geblieben), sieht aber süß aus und nennt sich para para. Am tollsten fand ich die Geräusche, die „kreischende“ weibliche Fans von sich geben. Hier in Japan klingt das, lasst es mich vorsichtig ausdrücken, als wenn ich meine Katze aus Versehen ausgesperrt habe und sie maunzt, weil sie wieder rein will, nur viel lauter. Auch wenn jetzt nicht jeder meiner Katze kennt ;-), glaube ich, dass trifft es ziemlich genau.



Einen Sumowettkampf haben wir uns auch schon angesehen. Am Anfang war es sehr merkwürdig zuzuschauen, wie sich diese großen, fetten, halbnackten Männer gegenseitig aus dem Ring schubsen. Aber nachdem ich etwas mehr über die Regeln und die einzelnen Sumoringer erfahren habe, war es sehr interessant und auch spannend. Zwar entsprechen die Kämpfer nicht ganz unserem Schönheitsideal aber hier haben sie ein sehr hohes Ansehen und die Kämpfe werden in ganz Japan jedes Jahr sehr aufmerksam verfolgt.

Als letztes möchte ich noch, und nicht ohne Stolz, erwähnen, dass ich die Silbenalphabete Katakana und Hiragana mittlerweile lesen und schreiben kann. Was leider nicht bedeutet, dass ich alles verstehe was ich lese, da mir ja noch die entsprechenden Vokabeln fehlen, aber da Katakana für ausländische Worte verwendet wird (die meist aus dem Englischen kommen), lande ich schon ab und zu mal einen Treffer und es macht Spaß, die mir anfänglich wie Hieroglyphen vorgekommenen Zeichen als Sprache wahrzunehmen und endlich etwas lesen zu können.

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